E-Mail vs. Brief: Wie ist das eigentlich mit der CO2-Bilanz?

E-Mail vs. Brief: Wie ist das eigentlich mit der CO2-Bilanz?

Das Versenden von E-Mails ist selbstverständlich klimafreundlicher als das auf den Weg bringen eines Briefes. Oder etwa doch nicht? Nicht alles was glänzt ist Gold und nicht alles was auf den ersten Blick "grün" erscheint, auch wirklich gut für die Umwelt. Deshalb fragen wir: Schlägt die E-Mail den Brief tatsächlich in puncto CO2-Bilanz?

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E-Mails: kein Papier und keine Tinte

Die Vorteile der E-Mail sind klar: Es wird weder Tinte bzw. Toner noch Papier benötigt, um Informationen zu übertragen. Außerdem müssen keine Postautos quer durch die Republik oder gar über deren Grenzen hinaus gurken, um die Briefe ans Ziel zu bringen. Doch so einfach ist die Sache nicht, denn damit eine E-Mail versendet werden kann, müssen Server mit ziemlich viel Strom betrieben werden. Und Strom wächst bekanntlich nicht auf Bäumen, sondern muss irgendwie produziert werden.

Das Internet ein Klimakiller?

Beginnen wir mal mit ein paar Fakten: Wäre das Internet ein Staat, dann wäre es das Land mit dem dritthöchsten Stromverbrauch der Erde. Nur China und die Vereinigten Staaten von Amerika verbrauchen mehr.

Bricht man das Internet auf das Versenden und Empfangen von E-Mails herunter, bleibt ein Stromverbrauch, der noch immer so hoch ist wie der gesamte Energiebedarf von Ländern wie Österreich und der Schweiz. Besonders viel Strom verbrauchen E-Mails, die über das Mobilfunknetz abgerufen und versendet werden. Genauer gesagt ist es zehnmal so viel Strom wie über das WLAN-Netz zu Hause oder im Büro.

Und damit nicht genug: PCs, Smartphones, Tablets, Monitore, Router und Co müssen produziert und spätestens nach ein paar Jahren ausgetauscht werden, weil sie nicht mehr dem neuesten Stand der Technik entsprechen.

Hätten Sie es gewusst?

Der US-amerikanische Informatiker Ray Tomlinson gilt als Erfinder der E-Mail! Ende 1971 verschickte er über das ARPANET zum ersten Mal eine Nachricht von einem zu einem anderen Computer. In Deutschland wurde die erste "digitale Post" erst 13 Jahre später verschickt.

Woher kommt der Strom für E-Mails?

Um die Frage nach der CO2-Bilanz einigermaßen realistisch beantworten zu können, müssen wir uns anschauen, woher unser Strom kommt. In Deutschland ist der Strommix im Jahr 2019 zu 47 % regenerativ. Weil aber nicht alle E-Mail Server in Deutschland stehen, sondern vor allem in Ländern wie den USA, muss man sich den Strommix vor Ort anschauen. In den Staaten stammt der Großteil des Stroms noch immer aus Kohle und Erdgas; Methoden der Stromerzeugung, bei denen relativ viel CO2 freigesetzt wird.

Eine exakte Aussage darüber, wie viel CO2 eine E-Mail verbraucht, ist also gar nicht so einfach. Experten gehen jedoch von einem Durchschnittswert von 10 Gramm CO2 pro versendeter und gelesener E-Mail aus.

Spam als Hauptproblem

Bei statistisch 347,3 Milliarden versandten E-Mails pro Tag (weltweit) im Jahr 2023 (Zahlen von Statista) kommt man auf einen täglichen CO2-Ausstoß von 3.473 Gramm (3,4 kg) - also rund 1.267 kg pro Jahr. Allerdings beziehen sich diese Werte ausschließlich auf privat und geschäftlich versendete E-Mails. Rechnet man die etwa 62 Trillionen (ungelesenen) Spam-Mails mit einer CO2-Emission von 0,3 g pro Mail hinzu, kommen wir auf einen gigantischen Wert von über 300 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr. Im Vergleich: Der gesamte Verkehr in Deutschland verursacht jährlich "gerade einmal" 165 Millionen Tonnen CO2-Emission.

20 g CO2 pro Brief

Ein Brief verbraucht mit durchschnittlich 20 g doppelt so viel CO2 wie eine E-Mail. Bei weltweit mehreren Billionen versendeten Briefen pro Jahr kommt auch da ein nettes Sümmchen zusammen. Das Hauptproblem ist und bleibt der Transsport. Gleich danach rangieren die Papierproduktion und der Druckvorgang.

Doch Vorsicht: Genau wie bei stromsparenden LEDs könnte uns auch bei der E-Mail ein sogenannter Rebound-Effekt drohen. Weil die modernen Lämpchen weitaus weniger Strom verbrauchen als herkömmliche Glühbirnen, wird einfach mehr beleuchtet, was am Ende zu keiner nennenswerten Strom- / Energieersparnis führt.

Auf E-Mails und das Internet als Ganzes übertragen bedeutet das: Schreiben wir mehr Mails, streamen wir mehr und digitalisieren / vernetzen wir wirklich jeden Millimeter unseres Lebens (Stichwort: IoT - Internet of Things), steigt der Stromverbrauch und damit der Ausstoß von klimaschädlichem CO2.

Fazit: Energiewende mit Maß und Ziel kombinieren

Prinzipiell ist der Wechsel vom Brief auf die E-Mail der richtige Weg. Denn nicht nur die CO2-Emission spielt eine Rolle beim Klimaschutz: Die Bäume, die für die Papierproduktion gefällt werden, können schließlich kein CO2 mehr binden und in Sauerstoff umwandeln. Doch nur mit Maß und Ziel bleibt der CO2-sparende Effekt der digitalen Post bestehen, ohne sich umzukehren. Gleichzeitig muss die nachhaltige Energiegewinnung in einer vernetzten Welt vorangetrieben werden - nicht nur in Deutschland und Europa.

Quellen:

[1] https://www.vdbf.org/themen/umwelt/meinungen-und-tatsachen [2] https://www.mdr.de/wissen/deutschland-top-fuenf-klima-emissionen-100.html [3] https://de.statista.com/infografik/18687/stromerzeugung-in-deutschland-nach-energiequellen [4] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/252278/umfrage/prognose-zur-zahl-der-taeglich-versendeter-e-mails-weltweit [5] https://de.statista.com/infografik/8762/stromerzeugung-in-den-usa-nach-energietraeger [6] https://www.fibers-in-process.de/news/verarbeitung-und-beschichtung/Weltweites-Briefaufko mmen---Digitalisierungs-Ranking-Welche-Nationen-senden-noch-die-meisten-Briefe-6996